Tiere im Herbst
Die herbstliche Jahreszeit ist angebrochen. Neben dem feuchteren Wetter und bunten Blättern fallen uns vermehrt Tiere auf, die wir im Sommer vielleicht gar nicht wahrgenommen haben. Auf intensiver Futtersuche sind Eichhörnchen und Igel zu sehen. Sie sind bestrebt, sich vor dem Winter genug Fettreserven zuzulegen bzw. Nahrungsvorräte anzulegen, um gut durch die karge Jahreszeit zu kommen. Die sprießenden Pilze, reifenden Äpfel, Kastanien und Nüsse sind besonders verlockend, so dass viele Tiere ihre übliche Deckung verlassen und das Gebiet ihrer Futtersuche erweitern. So laufen wir ihnen nun häufiger über den Weg. Oder wir bekommen sie zu hören, wie z.B. die Waldkäuze, die im Herbst ihr Revier abstecken und Partnerinnen anlocken, oder die Gänse, die sich zum Vogelzug nach Süden laut schnatternd versammeln.
Eichhorn
Wer lugt da mit schwarzen Knopfaugen frech hinter einem Baumstamm hervor, hält kurz ganz still, um dann flugs ins Geäst zu hüpfen? Das Eichhörnchen ist wohl eines der knuffigsten Tiere, die im Herbst das Bild der Natur bestimmen. So flink, dass man meinen könnte, es würde fliegen, versteckt es seine gesammelten Nüsse für den Winter. Beide dieser Eigenschaften, sowohl die Neigung zum Sammeln, als auch die wendige Beweglichkeit, können für die Benennung der knapp 16.000 Menschen in Deutschland, die Eichhorn heißen, ausschlaggebend gewesen sein. Eine andere Möglichkeit ist, dass ein Pelzhändler, der besonders viele Eichhörnchenpelze anzubieten hatte, so genannt wurde. In mehreren mittelalterlichen Städten, zum Beispiel in Freiburg und in Mainz gab es auch Häuser "zum Eichhorn", nach denen die Bewohner benannt wurden. Nichts mit dem rotfelligen Tier hat der mit Eichen bewachsene Landvorsprung (Eichen-Horn) zu tun, der in Einzelfällen Anwohnern ihren Namen geben konnte.
Igel
Herbstzeit ist Igelzeit. Zwar begegnet man diesem Zeitgenossen nur selten bei Tageslicht, aber wenn doch, dann versteckt er sich geschickt unter Laubhaufen oder liegt auch mal zusammengerollt im Garten. Rund 2.300 Menschen in Deutschland tragen Igel als Familiennamen (erschlossen aus 832 Telefonanschlüssen im Jahr 2005). Handelt es sich hierbei um besonders "stachelige" Personen? Stacheln wachsen ihnen aufgrund ihres Familiennamens wohl eher nicht - der Übername Igel könnte aber durchaus auf die äußerliche Gestalt des ersten Namenträgers verweisen - etwa auf die Frisur oder einen starken Bartwuchs - oder aber auch auf kratzbürstiges Verhalten, das er andere gern spüren ließ. Daneben kann der Familienname Igel auch auf den gleichnamigen Siedlungsnamen in Rheinland-Pfalz zurückgehen und damit ein Herkunftsname sein. Dieser Ortsname hat mit dem Stacheltier jedoch wenig zu tun: Er geht vermutlich entweder auf lateinisch aquila 'Adler' oder mittellateinisch agulia 'Nadel, Obelisk' zurück.
Kauz
Der Waldkauz ist im Herbst besonders oft zu hören, denn da beginnt seine Balzzeit, und er begibt sich auf Partnersuche. Das Männchen lockt ein Weibchen, um diesem einen geeigneten Brutplatz zu präsentieren und daraufhin bei der Balzfütterung seine Jagdkünste unter Beweis zu stellen. Ist das Weibchen überzeugt, so gehen die beiden in der Regel eine lebenslange Paarbeziehung ein. Als Eulenart ist der Kauz ein recht untypischer Vogel: Er ist nachtaktiv, sein Ruf unterscheidet sich stark vom Gesang anderer Vögel, und auch seine Nistplatzwahl in Baumhöhlen und Felsnischen ist eigen. So ist es kein Wunder, dass er schon seit dem Mittelalter (mittelhochdeutsch kûz) zur sprichwörtlichen Bezeichnung sonderbarer, oft auch eigenbrötlerischer Menschen herangezogen wird. Auf diesem Weg wurde Kauz als Beiname für Personen verwendet, die ihn dann als Familiennamen weitervererbt haben, sodass heute in Deutschland rund 780 Personen (280 Telefonanschlüsse im Jahr 2005) so heißen. In Einzelfällen kann der Familienname aber auch auf die Kurzform Kauz von germanischen Rufnamen mit dem Erstglied Gote-, dessen Bedeutung ungeklärt ist, zurückgehen, etwa Gozbert, Gozhart oder Kozolt. Es kann sich auch um eine entnasalierte Form (Wegfall des n) des Familiennamens Kunz handeln.
Hagelgans
Zunächst kündigen sie sich mit lauter werdendem Schnattern und Rufen an, bevor sie als spitze Formation am Himmel zu sehen sind: Wildgänse, Schneegänse, Kraniche und andere Zugvögel machen sich bald wieder auf den Weg in wärmere Gefilde, um dort zu überwintern. Ein älterer Begriff für verschiedene Zugvögel, insbesondere jedoch für die Schneegans, lautet Hagelgans (mittelhochdeutsch hagelgans). Er hat sich vor allem in Dialekten erhalten, etwa als Hal(e)gans, Holga(n)s, Hailgans, und bezeichnet eine Gans, die eben dann zu sehen ist, wenn Kälte und Hagel bzw. Schnee Einzug halten. Der Familienname Hagelgans, der die ältere Vollform des Wortes konserviert, hatte im Jahr 2005 in Deutschland 78 Telefonanschlüsse und damit ca. 220 NamenträgerInnen. Wahrscheinlich wurde der erste Namenträger nach seinem hohen Alter benannt, oder weil er zumindest alt aussah - ausschlaggebend war das weiße Haar, entsprechend den weißen Schwanzfedern der Schneegänse. Daneben war die Bezeichnung als Gans schon immer eine vielgebrauchte Schelte, auch das kommt als Benennungsmotiv in Frage. Letztendlich wäre es auch möglich, dass sich auf dem Acker eines Bauern jeden Herbst die Zugvögel niederließen, und der Bauer danach benannt wurde.