Der Osterhase kommt

Warum bringt der Hase und nicht das Huhn die Ostereier? Diese Frage beschäftigt nicht nur die Kinder zu Ostern. Es überrascht kaum, dass die Antwort darauf gar nicht so einfach ist. Vor 200 Jahren hätten unsere Vorfahren die Frage, wer die Eier zu Ostern bringt, noch ganz anders beantwortet. Eierbringer waren in bestimmten Regionen Deutschlands nämlich auch Fuchs, Kuckuck, Storch oder Hahn. Der Hase setzte sich nicht zuletzt auch wegen der starken christlichen Symbolik, die mit diesem Tier verbunden ist, durch: Er ist sowohl Sinnbild für Lebensfreude und Fruchtbarkeit als auch für Verfolgung des Guten durch das Böse. In einer Dissertation über Ostereier beschreibt Johannes Richier den merkwürdigen Brauch der Haseneier und Osterhasen, der in Teilen der evangelischen Gebiete Oberdeutschlands, Westfalens, des Elsass und der Pfalz üblich war, und macht sich etwas lustig darüber, dass man solche Fabeln den Kindern und Leichtgläubigen erzählt (Digitalisat). Mit der Herstellung schokoladiger Osterhasen im 19. Jahrhundert setzte sich der Hase als Eierbringer endgültig durch. Man kann dem Osterhasen sogar schreiben, z.B. an Herrn Osterhase Hanni Hase in Ostereistedt. Auch in Familiennamen begenen wir zahlreichen Hasen, aber haben sie alle mit dem langohrigen Tier zu tun? Das DFD-Team hat sich mit Unterstützung der Praktikanten Isabell Lieffertz und Finn Felix Rusitschka mit einigen "Hasennamen" beschäftigt.

Kohlhase

Relativ bekannt sind die Familiennamen Kohlhase (rund 1000 Namenträger), Kohlhaas (rund 2000 Namenträger) (mit den Varianten Kohlhas (ca. 300 Namenträger) und Kohlhaase (ca. 60 Namenträger)) nicht zuletzt aus der 1810 veröffentlichten Novelle "Michael Kohlhaas". In ihr verarbeitet Heinrich von Kleist recht frei die Auseinandersetzungen des im 16. Jahrhundert in Cölln an der Spree lebenden Hans Kohlhase mit der Obrigkeit. Nach diesem ist wiederum sogar eine ehemalige Ortschaft (Kohlhasenbrück, heute in Berlin) benannt. Der Name verweist aber weder auf einen moralischen noch auf einen aufrührerischen Menschen und steht auch nicht im Zusammenhang mit dem Osterfest. Vielmehr handelt es sich um einen Übernamen, der auf das mittelniederdeutsche Wort kōlhase zurückgeht, das so viel wie 'Heuschrecke' bedeutet. Der Name bezeichnete somit ursprünglich einen lebhaften, beweglichen oder unruhigen Menschen. Alternativ kann der Name aber auch tatsächlich auf die mittelalterlichen Wörter für 'Kohl' (mittelniederdeutsch, mittelhochdeutsch kōl) und 'Hase' (mittelniederdeutsch hase, mittelhochdeutsch hase, has) zurückgehen. Dann handelt es sich um einen Spottnamen für einen Bauern oder Gärtner.

Hasenteufel und Hasenpflug

Beim Familiennamen Hasenteufel trügt der Schein, denn dieser ist nicht auf eine teuflische Hasengestalt zurückzuführen. Tatsächlich handelt es sich um eine verkürzte Form von Satznamen wie Hasdenteufel, die auf einen Satz wie "Ich hasse den Teufel" zurückgehen. Aus dem ursprünglichen Namen Hasdenteufel (mit ca. 29 Namenträger:innen) wurde aufgrund einer lautlichen Anpassung zunächst Hassenteufel (rund 119 Namenträger:innen) und schließlich Hasenteufel (den Namen tragen ca. 6 Personen). Vermutlich wurde entweder ein besonders gläubiger oder gutherziger Mensch so bezeichnet, der Satzname verweist auf die Abkehr von allem Bösen (dem Teufel) und damit auf die Hinwendung zu Gott und dem christlichen Leben. Daneben konnte auch ein besonders furchtloser Mensch mit diesem Namen bezeichnet werden, der nicht einmal den Teufel fürchtet. Auch der Familienname Hasenpflug mit 141 Treffern in unserer Datenbank (das entspricht ca. 409 Personen) hat gegen seinen Anschein eigentlich gar nichts mit dem Hasen zu tun. Denn er leitet sich ebenfalls aus einem Satz ab: "Ich hasse den Pflug". Der Name setzt sich ähnlich wie Hasenteufel aus den Wörtern für 'hassen', 'den' und 'Pflug' zusammen. Hiermit wurde also ein nachlässiger Bauer bezeichnet. Auch denkbar ist die Deutung, dass mit dem Namen ein Bauer bezeichnet wurde, der der Landwirtschaft den Rücken zukehrte und z.B. in die Stadt zog.

Mehlhase

Auch in der Osterbäckerei gibt es manche Leckerei. Vom fluffigen Hefezopf über den saftigen Karottenkuchen bis zum traditionellen Osterlamm ist für alle etwas dabei. Doch für Mehlhase, den Familiennamen von circa 644 Personen (222 Einträge in unserer Datenbank), findet man kein Backrezept. Tatsächlich kommt man der Bedeutung des Namens am nächsten, wenn einem beim Backen das Mehl mal nicht in den Teig, sondern auf die Hose gelangt. Denn Hase meint hier ursprünglich gar nicht das niedliche Langohr, sondern die Hose. Aus mittelhochdeutsch hose ('Beinkleid, Strumpf') hat sich hier durch den im Niederdeutschen typischen Wandel von o > a das Wort hase entwickelt. Der Familienname Mehlhase nimmt also Bezug auf jemanden, dessen Kleidung mit Mehl bestäubt ist. Das könnte zum Beispiel ein Müller, Mehlhändler oder Bäcker sein. Ob die Bäcker wohl auch Hasen aus Hefeteig gebacken haben? Das bleibt wohl ein Geheimnis, das nur der Osterhase lüften kann.

Hasenöhrl

Hasen haben lange Ohren. Diese verhelfen ihnen zu einem sehr guten Gehör, damit sie ihre Fressfeinde rechtzeitig bemerken und die Flucht ergreifen können. Deshalb standen diese besonderen Lauscher auch Pate für Menschen, die sich durch Wachsamkeit oder auffallend gutes Gehör auszeichneten. Mit 256 Treffern (entspricht ca. 717 Personen) findet sich der Familienname Hasenöhrl in unserer Datenbank. Aber auch eine besondere Gebäcksorte kann hier namengebend gewirkt haben: Hasenöhrl ist eine besonders in Bayern und Österreich bekannte Backware, die ohrenförmig ist. Ein Rezept für Hasenoerlin kann man in einem Rezeptbuch aus dem Jahr 1547 nachlesen (Staindl, Balthasar: Ein sehr künstlichs und nutzlichs Kochbuch, Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek). Ein Bäcker oder besonderer Liebhaber dieser Spezialität, die bestimmt nicht nur zu Ostern gut schmeckt, kann nach diesem Gebäck benannt worden sein.