Wiesnflair für Daheimgebliebene

Rund sechs Millionen Besucher*innen strömen (fast) jedes Jahr zur Wiesn-Zeit in die bayerische Landeshauptstadt München um im Höfbräu-Zelt, in Käfer's Wiesn-Schänke oder im Schottenhamel ein, um eine unFASSbare Zeit in geselliger Runde zu verbringen.
Das Oktoberfest geht auf die Hochzeit von Kronprinz Ludwig von Bayern und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen im Jahr 1810 zurück. Gefeiert wurde dieses Ereignis in Gesellschaft aller EinwohnerInnen der Stadt. Zu Ehren der Prinzessin wurde der Veranstaltungsort auf den Namen Theresienwiese getauft, krönender Abschluss der Zeremonie war ein Pferderennen. Das Hochzeitsfest blieb dem bayerischen Volk so positiv in Erinnerung, dass im darauffolgenden Jahr kleine Festzelte aufgebaut wurden, um zunächst im kleinen Rahmen das gemeinsame Feiern wieder ins Leben zu rufen. Immer mehr Menschen sind Jahr für Jahr dazugestoßen, sodass sich aus den kleinen Festzelten ein wahres Volksfest entwickelte. Dass das Oktoberfest mal den Ruf eines Bierfestes annehmen würde, hat damals noch niemand gedacht. Schließlich war es verboten, auf dem Festgelände Alkohol auszuschenken. Heutzutage erscheint diese Regel unvorstellbar. Schließlich wird die offizielle Eröffnung des Festes seit 1950 mit dem traditionellen Fass-Anstich und den Worten "O' zapft is!" zelebriert. Zur Geschichte des Oktoberfestes siehe auch Oktoberfest.de.
Warum das Oktoberfest im September und nicht, wie der Name verspricht, im Oktober stattfindet? Hier die Antwort: Nachdem sich das größte Volksfest Deutschlands aufgrund der enormen Begeisterung fest etabliert hatte, sollte kein Risiko mit dem Wetter eingegangen werden. Da es im Oktober schon um einiges kühler ist und es ab und an gewittert, wurde beschlossen das Fest um ein paar Wochen vorzuziehen. Auch die ursprüngliche Dauer von einer Woche wurde auf zwei Wochen verlängert. Ob der Bierenthusiasmus einen bereits im September oder erst im Oktober packt, an dieses Volksfest können Namen wie Bier, Bretzel, Bierschwall und Lederhose das ganze Jahr über erinnern.

Bier

No a Maß, biddscheen! Bier spielt zweifellos eine zentrale Rolle in der größten Festlichkeit Bayerns. In erster Linie ist der Familienname Bier auf einen indirekten Berufsnamen zurückzuführen. Er bezieht sich auf Menschen, die auf verschiedener Weise im Kontakt mit dem Getränk standen, sei es in der Herstellung oder in deren Verbreitung. Dazu zählen unter anderem Bierbrauer bzw. Wirte oder Bierhändler. Doch auch die heutzutage mit dem Oktoberfest assoziierte Zuneigung zum flüssigen Brot kommt im Familiennamen zur Geltung, denn es handelt sich auch um eine Benennung für jemanden, der gern und viel Bier trinkt. Weitere Deutungen des Namens verweisen allerdings nicht auf den Gerstensaft. In Einzelfällen kann es sich um ein Patronym zu einer Rufnamenkurzform mit dem Namenglied althochdeutsch, altsächsisch bero 'Bär' zu Vollformen wie Berman, Bierwald handeln. Auch kann der Siedlungsname Biere aus dem Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt eine Rollespielen. Selbst wenn der Bezug zum Brauextrakt nicht in allen Fällen zutrifft, ist auch außerhalb der Oktoberfestzeit der Name Bier mit 1725 Telefonanschlüssen (das sind ca. 5000 Namentragende) in Deutschland vertreten.

Bretzel

Mogst a Brezn? Die Wiesnbrezn ist der heimliche Star des Oktoberfests und die perfekte Begleiterin zur Maß Bier. Auch zur Weißwurst oder zu Obatzter ist sie ein Muss. Das im Standarddeutschen als Brezel bezeichnete Laugengebäck (aus lateinisch bracchium 'Arm') blickt auf eine jahrhundertelange Tradition zurück; um die Entstehung ranken sich zahlreiche Geschichten. Unter anderem soll die Form der Brezel an zum Beten verschränkte Arme eines Mönchs erinnern. Neben den Bayern beanspruchen auch die Schwaben und das Elsass ihre Erfindung für sich. Seit dem Mittelalter ist die Brezel das Zunftzeichen der Bäcker. Es ist also kein Wunder, dass Bretzel auf einen indirekten Berufsnamen für einen Bäcker zurückzuführen ist, der vor allem Brezeln herstellt. Heute ist der Familienname Bretzel in Deutschland noch ca. 258 mal vertreten (89 Telefonanschlüsse) und vor allem in Oberschwaben verbreitet. - Ob das vielleicht ein neues Indiz für die Herkunft des Laugengebäcks ist? Auch die Namen Bretzler (103 Anschlüsse) und Bretzl (7 Anschlüsse) haben ursprünglich den Brezelbäcker bezeichnet. Die original Wiesnbrezn muss übrigens mindestens 250 Gramm wiegen, eine ordinäre Standardbrezn bringt gerade mal circa 90 Gramm auf die Waage. Auf dem letzten Oktoberfest sollen schätzungsweise über 1,5 Millionen Brezn gegessen worden sein. An Guadn!

Bierschwall

Manche überteiben's ja mit dem Biergenuss auf dem Oktoberfest, da verwundert es nicht, dass rund 6 Millionen Liter in einem Jahr dort ausgeschenkt werden. Das muss man sich mal alles auf einmal vorstellen: Eine wahre Flut oder ein Schwall an Bier, das sich da über die Besucher ergießt. Dabei sind die Deutschen nicht mal Weltmeister im Biertrinken: 2016 befand sich Deutschland auf Platz vier hinter Tschechien, Namibia und Österreich in puncto Bierkonsum.
Biertrinken gehörte im Mittelalter zum Alltag: Im Gegensatz zum Wasser aus dem Brunnen war es keimfrei und kalorienhaltig - also der Gesundheit ausgesprochen zuträglich. Allerdings konnte übermäßiger und ausufernder Bierkonsum auch ausschlaggebendes Merkmal für die Namengebung sein. Davon zeugen Familiennamen wie zum Beispiel Bierschwall, der mit 12 Telefonanschlüssen (das entspricht ca. 35 Namentragenden) zusammen mit Bierschwale (76 mal) in Norddeutschland belegt ist. Der Name geht zurück auf mittelniederdeutsch bēr, bier 'Bier' und mittelniederdeutsch swalch, swalich, swale 'Schlund, Strudel, Schwelgerei, Prasserei, Schlemmer' und steht für jemanden, der gern und viel Bier trinkt. Im Osten findet sich dagegen der Name Bierhals (178 mal) für jemanden, der sich das Bier geradezu in den Hals schüttet, während Bierfreund (160 mal) in ganz Deutschland verstreut auftritt. Auch Mögebier, Füllbier und Biermordt sind Namen für wackere Trinker.

Lederhose

Die Lederhose ist aus der Trachtenmode rund um das Oktoberfest nicht wegzudenken. Dabei ist die traditionelle bayrische Beinbekleidung eigentlich gar nicht so bayrisch, wie ihre (in der Regel männlichen) Träger oft glauben. Historisch war die Lederhose nämlich ein gängiges Kleidungsstück in vielen Regionen in und außerhalb Deutschlands, was sich auch in der Karte widerspiegelt: Der Familienname Lederhose, den 2005 rund 58 Personen in Deutschland trugen (errechnet aus 20 Telefonanschlüssen), ist insbesondere in Nordrhein-Westfalen beheimatet. Der erste Namenträger stellte vermutlich Lederhosen her oder trug diese besonders häufig. Eine Verbindung zu dem Ort Lederhose bei Gera in Thüringen ist aufgrund der Verbreitung des Familiennamens kaum anzunehmen. Mit dem Siegeszug der Jeans seit den 1960er Jahren verschwand die klassische Lederhose - wie die Jeans einst insbesondere eine einfache Arbeiterkleidung - jedoch aus dem Alltag und wurde schließlich fester Bestandteil der festlichen Trachtenmode. Als solche wird sie auch bei Nachahmungen des Münchner Oktoberfestes außerhalb Bayerns von Nicht-Bayern getragen und bei Auftritten der Fußballstars aus München wirkmächtig als vermeintlich regionales Symbol in Szene gesetzt. Kann es da wohl Zufall sein, dass der Familienname Lederhose ausgerechnet beim größten Rivalen in und um Dortmund sein Revier gefunden hat?