Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,...

...ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden. So lautet die düstere Inschrift des magischen Rings, der die Bewohner von Mittelerde in Versuchung führt, den dunklen Mächten zu erliegen. Am 2. September 1973 verstarb der englische Schriftsteller John Ronald Reuel Tolkien, der Erfinder der fantastischen Welt von Mittelerde und der Saga vom Herrn der Ringe. Tolkien studierte unter anderem Vergleichende Sprachwissenschaft in Oxford und war später auch Professor für englische Sprache an seiner Heimatuniversität. Schon in jungen Jahren begeistert von Sprachen und Mythologien entwickelte er eine der Phantasie entsprungene Welt samt unterschiedlicher Sprachen und Lebewesen. Mit seinem Werk rund um den Ring der Macht und die Geschichte des kleinen Hobbits wurde er zu einem der Begründer eines eigenen Literaturgenres, der Fantasyliteratur. Da auch die Mainzer Namenforscher_innen Fans der Elben, Hobbits und Orks sind, widmen wir Tolkien das heutige Namenspecial. Bevor wir in die Welt von Mittelerde eintauchen, noch kurz etwas zum Familiennamen Tolkien (mit den Schreibweisen Tollkien, Tollkiehn, Tollkühn): Die Vorfahren Tolkiens stammen aus dem niedersächsischen Raum und wanderten wohl im 18. Jahrhundert nach England aus, daher kann der Name auf mittelniederdeutsch dol 'toll, vermessen' und mittelniederdeutsch kone 'dreist, dumm' zurückgehen, aus denen das neuhochdeutsche Wort tollkühn entstand. Für Namenträger_innen mit Vorfahren aus Ostpreußen kommen Siedlungsnamen wie Tukin/Tolken oder Tolkynen in Frage.

Herr

Darüber, wer der wahre Herr der Ringe ist, lässt sich vortrefflich streiten: Ist es Sauron als Erschaffer der Ringe der Macht? Oder ist es der Eine Ring als Gebieter über alle anderen Ringe? Ebenso wäre möglich, dass ein Ringträger gemeint ist, der der Macht des Einen Rings widerstehen kann. Auch bei der Deutung des Familiennamens Herr, der heute ca. 9000 Namenträger_innen in Deutschland hat, gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten: Einerseits kann sich der Familienname Herr aus Rufnamen entwickelt haben, die das Namenglied -her- , ahd. hari 'Heer' enthielten, z.B. Herwig oder Diether. Andererseits kann es sich um die Beschreibung eines Dienst- oder Abhängigkeitsverhältnisses handeln, jemand wurde also danach benannt, dass er im Dienste eines Grund- oder Lehnsherrn stand oder aber dieser Grund- oder Lehnsherr war. Letztendlich ist diese letzte Deutung auch als ironische Variante möglich: Jemand, der sich trotz seiner Armut aufführte wie ein reicher Herr, erhielt diesen Namen.

Ring

Heimlich in den Feuern von Mordor geschmiedet, ist sein Schicksal unwiderruflich mit dem seines Schöpfers verbunden: der Eine Ring. Derzeit weilen rund 6345 Ring-(Namen-)Träger unter uns (errechnet aus 2266 Telefonanschlüssen). Der Name geht hauptsächlich auf mittelhochdeutsch rinc, ring 'Ring' zurück und bezeichnete einen Ringmacher, also einen Schmied oder jemanden, der einen auffälligen Ring trug. In selteneren Fällen entspringt der Name dem mittelhochdeutschen Wort ring(e) 'leicht, klein, behände' und beschrieb einen Menschen, der unbeschwert, aber auch leichtsinnig handelte. Ferner konnte der Namenträger anhand der Wohnstätte lokalisiert werden. In diesem Fall war jemand gemeint, der an einer runden Stätte, z. B. an einem Marktplatz wohnte. Es bleibt zu hoffen, dass die Träger des Namens Ring nicht so sehr mit ihrem Schicksal hadern wie der gebeutelte Hobbit.

Elben

Von großer Erhabenheit sind die unsterblichen Wesen in Mittelerde, die sich in mehrere Völker unterteilen, deren zwei komplexe Sprachen sogar mittels Grammatiken und Wörterbücher erlernt werden können. In ihrer Schrift Tengwar ist die bekannte Inschrift des Einen Rings geschrieben. Die im Süden lebenden ca. 129 Namenträger_innen des Familiennamens Elben (46 Telefonanschlüsse) haben jedoch keine mystischen Vorfahren, sondern vermutlich hessische: Der Familienname leitet sich vom Siedlungsnamen Elben (eingemeindet in Elbenberg, jetzt Stadtteil von Naumburg, Landkreis Kassel) ab und gelangte in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges bis an den Bodensee, wo er heute am meisten verbreitet ist. In Einzelfällen kann es sich auch um eine Bildung nach einem Vatersnamen (Patronym) wie Albin handeln.

Pippin

Man muss ihn einfach gern haben, denn Lacher und gute Laune sind vorprogrammiert bei Frodo Beutlins jungem und etwas tollpatschigem Vetter Pippin. Der sympathische Hobbit beweist auf seiner langen Reise wahre Größe und entwickelt sich von einem unerfahrenen Jungen zu einem mutigen, großherzigen Hobbit. Sein Rufname ist eine Koseform seines eigentlichen Namens, Peregrin, der aus dem Lateinischen stammt, wo er soviel wie 'Fremder' oder 'Reisender' bedeutet (vgl. englisch pilgrim). Wie bei den meisten seiner Namen griff Tolkien auch bei Pippin auf einen realen Namen zurück, denn tatsächlich kann der Familienname Pippin auf historische Rufnamen zurückgehen. Pippin war z.B. der Name vieler karolingischer Herrscher im mittelalterlichen Frankenreich, der sogenannten Pippiniden, so z.B. Pippin der Jüngere, Vater Karls des Großen. Dort ist er auf eine germanische Wurzel bib- zurückzuführen. Es kann sich auch um eine Kurzform des deutschen Rufnamens Bitbert handeln, der auf die Namenglieder althochdeutsch bītan 'aushalten; hoffen' und althochdeutsch beraht, altsächsisch berht 'hell, glänzend' zurückgeht. Aufgrund der häufigen Vorkommen in Bayern ist es auch möglich, dass die ersten Träger des Familiennamens nach ihrer Herkunft aus einer Siedlung mit dem Namen Pipping, einem Stadtteil von München, benannt wurden, der mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls auf den Rufnamen zurückgeht. Der Familienname Pippin ist äußerst selten und belegt mit 5 Telefonanschlüssen im Jahre 2005 (ca. 15 Namenträger_innen) Rang 294426 in der Liste der deutschen Familiennamen.

Gollum

Das Wesen Gollum ist der Macht des Rings verfallen, den er jahrelang mit sich herumträgt, und kann an nichts mehr anderes als an seinen "Schatz" denken. Seine Gier nach dem Ring macht ihn zu einer zentralen, wenn auch zwiespältigen Figur in den Geschichten von Tolkien. Ob der Autor wusste, dass der Familienname Gollum existiert, ist nicht bekannt. In Deutschland finden sich 16 Telefonanschlüsse (das entpricht ca. 45 Namenträger_innen). Der Name selbst ist noch nicht ausreichend gedeutet. Ein Vorschlag führt ihn auf den Siedlungsnamen Golm zurück (Brandenburg, Mecklenburg, Pommern). Eine andere Spur könnte nach Polen führen. Die Familiennamen Golomb, Golombek, Golumbeck gehen zurück auf polnisch gołąb 'Taube' bzw. gołąbek 'Täubchen'. Eventuell kann auch eine Eindeutschung des französischen Familiennamens Colombe dahinterstecken. Dieser geht auf den gleichlautenden Rufnamen zurück, der an die heilige Columba erinnert. Dem in Frankreich beliebten Rufnamen liegt letztendlich auch das lateinische Wort für Taube zugrunde.