Der Herbstwald raschelt um mich her
...ein unabsehbar Blättermeer. So beginnt ein Herbstgedicht von Christian Morgenstern. Die Zeit der Weinlese, des Drachensteigens und der bunten Blätter steht bevor. Der meteorologische Herbstanfang fällt auf den 1. September. Bis zum astronomischen Herbstbeginn, dem Herbst-Äquinoktium, haben wir noch Zeit bis zum 22. September. Die Tage werden spürbar kürzer und kühler. Für unsere Vorfahren war der Herbst eine wichtige Jahreszeit, in der die Ernte eingeholt wurde und die lebensnotwendigen Vorräte für den Winter angelegt werden mussten. Über 20.000 Personen in Deutschland tragen den Familiennamen Herbst, der sich auf den Geburtstermin oder Zins- und Dienstverpflichtungen bezieht. Aber auch andere Familiennamen, wie Herbstritt, Eichenlaub, Drache und Kühlewind erinnern uns an die dritte Jahreszeit.
Herbstritt
Nach einem romantischen Ausritt durch bunte Blätter in der goldenen Oktobersonne klingt der Familienname Herbstritt, den in Deutschland etwa 475 Personen tragen (170 Telefonanschlüsse). Waren die ersten Namenträger also Liebhaber harmonischer Augenblicke auf dem Pferd, wie sie uns heute vor allem in Hollywood-Filmen gezeigt werden? Die historischen Belege zeichnen ein viel weniger friedliebendes Bild des Namenursprungs: Schon 1256 ist in Basel ein her Rudolf Hebstrit erwähnt. Der Name geht zurück auf die Bestandteile mittelhochdeutsch heben, anheben 'beginnen' und mittelhochdeutsch strīt 'Streit, Kampf'. Derjenige, der so benannt wurde, war also bekannt dafür, dass er schnell handfeste Streitigkeiten vom Zaun brach. Über die Jahrhunderte wurde der Name verändert und sein Sinn umgedeutet (Volksetymologie). So wurde insbesondere im Raum Freiburg gelegentlich aus Hebstrit die Form Herbstritt. Die häufigere Variante Hebestreit kommt in Deutschland rund 2000 mal vor (715 Telefonanschlüsse) und ist insbesondere in Mitteldeutschland anzutreffen.
Eichen-, Linden- und Espenlaub
Sichtbares Kennzeichen des Herbsts sind in unseren Breiten die schön gefärbten Blätter der Laubbäume. Die Bäume beugen mit dem Abfall des Laubes dem Vertrocknen im Winter vor und stellen schon vorher die Produktion des Blattgrüns (= Chlorophyll) ein, dadurch werden andere Stoffe sichtbar, die die rote, orangene oder gelbe Einfärbung verursachen, die dann die Herbstlandschaft bei Sonnenschein erstrahlen lässt. Das Laub beliebter, häufiger oder auffälliger Baumarten begegnet uns in einigen Familiennamen. Das Laub der Eiche war seit jeher Zeichen souveräner Macht und zierte als Kranz göttliche und königliche Häupter. Noch heute ziert es viele Ehrenabzeichen und Orden. Schließlich hatten wir alle es schon in der Hand, denn es ist auf den deutschen Euromünzen zu sehen. Die Dorflinde war als Gerichts-, Versammlung oder Tanzbaum allgegenwärtig. Das Laub der Espe oder Zitterpappel bewegt sich schon beim kleinsten Windhauch, darauf beruht auch die Redewendung "zittern wie Espenlaub". Der Name Eichenlaub kommt konzentriert im Raum Landau vor und ist mit 263 Telefonanschlüssen in unserer Datenbank belegt, das entspricht ca. 736 Namenträger_innen. Der Name Lindenlaub findet sich mit 229 Telefonschlüssen (= ca. 641 Namenträger_innen) häufig im Thüringer Wald, während Espenlaub mit 44 Telefonanschlüssen (rund 123 Namenträger_innen) in Südwestdeutschland verstreut ist. In Familiennamen meint Laub den Wald, das Gehölz. Die Vorfahren der Eichen-, Linden- und Espenlaubs wohnten in der Nähe eines Wäldchens.
Drache
Wenn der Wind stürmischer wird, bevölkern auch bald wieder bunte Segel an langen Leinen den herbstlichen Himmel. Drachen in allen Farben und Formen werden von Groß und Klein steigen gelassen. Seinen Namen erhielt das Spiel- und Sportgerät nach dem chinesischen Flugdrachen, welcher traditionell seinem namengebenden Vorbild nachempfunden wird. Doch woher kommt der Familienname Drache, den in Deutschland etwa 308 Personen (das entspricht 110 Telefonanschlüssen) tragen? Während der Drache in China ein Symbol für Friedfertigkeit ist, war er der westlichen Welt im Mittelalter als feuerspeiendes Ungeheuer bekannt, das durch tapfere Helden bekämpft wurde. Als mächtiges, starkes Fabelwesen wurde es oft auf Wappen abgebildet und war als Hausname beliebt. Die Bewohner wurden nach ihrer Wohnstätte in dem entsprechenden Haus benannt. Möglich wäre aber auch die Benennung nach einem Übernamen. Die Beleidigung (Haus)Drache für einen herrschsüchtigen Menschen ist heute noch bekannt, so dass der Familienname für einen Menschen stehen könnte, dessen Charakter oder Aussehen besonders Furcht einflößend ist.
Kühlewind
Was lässt das Laub fallen und den Drachen steigen? Der kühle Wind. Und auch dafür haben wir den passenden Familiennamen parat. Kühlewind mit seinen 181 Telefonanschlüssen wird flankiert von seinen selteneren Varianten Kühlewindt 13, Kuehlewind 1, Kuhlewind 35, Kühlwind 2, Külewindt 1 und Kühlenwind 1. Der erste Namenträger wurde entweder nach seiner kühlen und zugigen Wohnumgebung benannt. Oder es ist ein Übername für jemanden, der häufig bei widrigen Wetterbedingungen unterwegs war.