Projektvorstellung

Transpersonen:

Als Transpersonen verstehen wir im Rahmen unseres Projektes Menschen, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren und dauerhaft in einer anderen als dieser Geschlechtskategorie leben oder leben möchten. Dies schließt zum einen Personen ein, die eine gegengeschlechtliche Genderidentität leben (Transmänner und Transfrauen), zum anderen aber auch ausdrücklich Personen, deren Selbstverständnis außerhalb der binären Ordnung von Mann und Frau und der damit einhergehenden Annahme von Zweigeschlechtlichkeit liegt.

Das Projekt:

Untersuchungsgegenstand ist die (Selbst-)kategorisierung von Menschen durch Rufnamen. Rufnamen dienen als weitgehend inhaltsleere Menschenetiketten, die Personen identifizieren und differenzieren, ohne dass jedoch durch den Namen eine Aussage über Wesen oder Charakter des Menschen getroffen werden kann. Gemäß der gesetzlichen Forderung nach Geschlechtsoffenkundigkeit dienen Rufnamen darüber hinaus dazu, Menschen in zwei große Gruppen zu unterscheiden: Frauen und Männer. Mittels des Namens muss eine Person als dem einen oder dem anderen Geschlecht zugehörig klassifiziert werden, eine Grauzone der geschlechtlichen Uneindeutigkeit gibt es nicht. Einzig auf lautlicher Ebene ist eine Abstufung der Geschlechtsmarkierung von Namen möglich, da ihre Lautstrukturen zwischen als prototypisch männlich und prototypisch weiblich wahrgenommenen phonologischen Merkmalen skalierbar sind. So wirkt der Rufname Frank in seiner Lautstruktur prototypisch männlicher als der Name Noah, Mia weiblicher als Gertrud.

Die onymische, also durch den Namen geleistete, Zuordnung zu einer Geschlechtsklasse wird in der Regel von den Eltern nach der Geburt des Kindes geleistet. Wie aber verfahren Personen mit ihrer namentlichen Geschlechtsidentität, wenn sie ihre Geschlechtsgruppenzugehörigkeit zugunsten einer anderen aufgeben, sich also geschlechtlich umkategorisieren? Dieser Frage gehen wir in diesem Projekt nach, indem wir die Namenwahl von Transmenschen im Zuge ihres Geschlechtsklassenwechsels untersuchen wollen.

Das Projekt fokussiert dabei auf drei Bereiche:

  1. Den Prozess des Namenwechsels:  Wie wird der neue Name gewählt, welche Einflussfaktoren auf die Namenwahl gibt es (Freunde, Familie, Vorbilder…), in welchem Verhältnis stehen alter und neuer Name zueinander, welche Bedeutung hat der Namenwechsel für die Identität?
  2. Die phonologische Maskulinität/Femininität der Namen: Werden Namen gewählt, die den prototypischen Lautstrukturen der Namen des Wunschgeschlechts entsprechen oder wird eher eine onymische Androgynität gesucht, d.h. Namen, die phonologisch weniger stark weiblich oder männlich gegendert sind.
  3. Die Verwendung inoffizieller (Spitz-)Namen vor, während und nach der Geschlechtstransition: Die Verwendung von Spitznamen kann eine weitere Strategie sein, der binären Geschlechtskodierung durch Rufnamen zu entgehen, da die gleichen Spitznamen häufig für beide Geschlechter gebraucht werden (Michi < Michaela oder Michael, Andi < Andrea oder Andreas etc.).

Ziel ist es dabei, einerseits aufzuzeigen, welchen Stellenwert Rufnamen für die (Geschlechts-)Identität haben und andererseits Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie eine soziale Kategorisierung wie Geschlecht an sprachlichem Material, in diesem Fall Namen, markiert und somit relevant gemacht wird.

Datenbasis

Im Winter 2013/2014 wurde eine Onlineumfrage durchgeführt, an der sich über 200 transgeschlechtliche Personen beteiligt haben. 

Darüber hinaus wurden zwischen 2014 und 2016 16 Leitfaden gestützte Interviews in ganz Deutschland durchgeführt.

Projekt abgeschlossen

Das Projekt ist inzwischen abgeschlossen, die Ergebnisse werden nach und nach publiziert. Publikationen werden über die Projekthomepage mitgeteilt.