Erkältungszeit

Kaum bricht die kältere Jahreszeit an, steigt auch die Zahl der Erkältungen. Husten, Schnupfen, im schlimmsten Fall Fieber befällt uns und will oft gar nicht mehr weichen. Alle erdenklichen Hausmittel werden angewandt, aber was hilft? Da auch die Mainzer Namenforscher_innen wie jedes Jahr erkältungsgeplagt sind, haben sie sich auf die Suche nach diesem Krankheitsbild in den Familiennamen gemacht. Namen wie Keuch, Husten und Schnupf fallen da auf, ebenso wie Bezüge auf Erreger wie Bazille und Virus sowie auf Heilmittel wie Wickel. Aber waren die Vorfahren wirklich so sehr geplagt, dass die tropfenden Nasen und der keuchende Husten Eingang in die Familiennamengebung gefunden haben oder was steckt wirklich dahinter? Für alle Erkälteten empfehlen die Doktoren von der Namenforschungsabteilung: Viel Ruhe und ein Namenspecial lesen! Menschen mit Namen Bazille muss man jedoch nicht meiden, denn sie sind nicht ansteckend. Der seltene Name bezieht sich nicht auf die Krankheitserreger, sondern ist eine Ableitung des Rufnamens Basile, Bazile (lateinisch Basilius, griechisch Basileos). Der Name ist in Frankreich belegt, in Italien auch in der Form Basile.

Husten

Ob durch Virus oder Bazille verursacht, der Husten (lateinisch Tussis) war auch zur Zeit der Familiennamenentstehung schon so lästig wie der Schnupf(en). Leute, die auffällig oft husteten, konnten im Mittelalter durchaus danach benannt werden. Der Familienname Husten ist mit 15 Telefonanschlüssen eher selten, Hust und Huste mit 185 bzw. 104 Telefonanschlüssen aber schon häufiger. Huster weist zwar 866 Anschlüsse auf, doch hier konkurriert ein Herkunftsname zum Siedlungsnamen Husten, Stadtteil von Drolshagen (Nordrhein-Westfalen), was bei Hust, Huste und Husten kaum eine Rolle spielt. In einigen Fällen können die Familiennamen Hust, Huste und Huster auch auf das zu mittelhochdeutsche Wort hūste zurückgehen, das einen auf dem Feld zusammengestellten Haufen Getreide oder Heu bezeichnet.

Schnupf

Dass die Leute auch schon im Mittelalter mit verstopften oder triefenden Nasen und Niesanfällen zu kämpfen hatten, davon zeugt der Familienname Schnupf, der im Jahr 2005 in Deutschland mit 11 Telefonanschlüssen belegt ist. Die Bedeutung ist auch nach einigen Jahrhunderten noch leidlich unmissverständlich: Das mittelhochdeutsche Ausgangswort snupf, snupfe bedeutete auch damals schon 'Schnupfen' oder auch allgemein 'Entzündung der Atemwege'. Beim ersten Namenträger dürfte es sich demnach um eine Person gehandelt haben, die ständig oder dauerhaft verschnupft war, sei es wegen genereller Anfälligkeit oder weil im Beruf eine dauerhafte Belastung der Atemwege stattfand (so etwa beim mehlstaubgeplagten Müller oder im kalten Bergbau). Eine zweite Deutungsmöglichkeit, nämlich die nach einem Rufnamen Snotbert oder seiner Kurzform Snuppo, scheint unwahrscheinlich, weil sich für diese Rufnamen keinerlei Belege (mehr) finden lassen.

Virus

Der lateinische Begriff virus bedeutete ursprünglich 'Schleim, Gift, Gestank'. Schon in der Antike wurde damit der Speichel als "giftig" bezeichnet, der Tollwut überträgt. Die kleinsten zur Reproduktion fähigen Partikel, die uns insbesondere in der kalten Jahreszeit zusetzen, wurden hingegen erst im 19. Jahrhundert entdeckt, der Begriff Virus auf sie übertragen. Der Familienname Virus, den in Deutschland ca. 112 Menschen tragen (40 Telefonanschlüsse), kann also nichts mit diesen Krankheitserregern zu tun haben. Vielmehr dürfte er auf den v.a. in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen häufig vorkommenden Siedlungsnamen Vierhausen zurückgehen, der Siedlungen bezeichnet, die zunächst nur aus vier Häusern bestanden. Unter den deutschen Familiennamen finden sich neben den Varianten Vierhus (ca. 20 Namenträger_innen) und Vierhaus (571) u.a. auch Dreihaus (39), Dreihus (9) und Fünfhaus (23). Historisch war der Familienname Virus im ehemaligen östlichen Brandenburg (jetzt Polen) verbreitet.

Wickel

Ereilt einen ein schlimmes Fieber, können Wadenwickel Abhilfe schaffen. Aber hat der Familienname Wickel wirklich einen medizinischen Hintergrund? Diesen Namen tragen in Deutschland etwa 1190 Personen (errechnet aus 425 Telefonanschlüssen). Anders als der Name vermuten lassen könnte, hat Wickel nichts mit der Heilung von Krankheiten zu tun, sondern kann als Kurzform zu einem älteren Rufnamen entstanden sein, der das Namenglied -wîg- enthielt, wie es beispielsweise bei den Rufnamen Wickardt und Wickbold der Fall ist. An die Rufnamenkurzform wurde das Element -el angefügt, wodurch eine Verkleinerungsform entstanden ist. Die Verkleinerung konnte eine kosende Funktion besitzen oder dazu gedient haben, den Sohn vom Vater zu unterscheiden.

Keuch

Auch der Familienname Keuch lässt schwere Atemleiden erahnen. Handelte es sich beim ersten Namenträger etwa um jemanden, der oft von Keuchhusten geplagt war? Ähnliches ist tatsächlich der Fall: Der Name geht auf das mittelhochdeutsche Wort kīchen zurück, das 'keuchen' oder 'schwer atmen' bedeutet. Bei jemandem, der Keuch genannt wurde, handelte es sich um einen Asthmatiker oder jemanden, der aus irgendwelchen Gründen Atembeschwerden hatte und deshalb keuchte. Der Name ist in der Datenbank der Telekom von 2005 57 Mal belegt (entspricht ca. 160 Namenträger_innen). Auch die Varianten Keucher (64 Anschlüsse = ca. 179 Namenträger_innen) und die häufige Verkleinerungsform Keuchel (397 = ca. 1112 Namenträger_innen) gehören zu dieser Bedeutung. Bei dieser diminuierten Form kann der Ursprung in Einzelfällen auch ein anderer sein: Sie kann vom mittelhochdeutschen Wort kiuchel 'Küchlein' abgeleitet sein und als indirekter Berufsname für einen Bäcker gebaucht worden sein. Dieser Name war vor 1945 auch häufig in Ostschlesien zu finden.