Buch trifft Leser*in

Seit der Erfindung des Buchdrucks mit auswechselbaren Lettern im 15. Jahrhundert hat sich das Medium Buch zu einem echten Dauerbrenner entwickelt, der seinen Reiz selbst in Zeiten der Digitalisierung nicht verloren hat. Auf den zahlreichen Buchmessen Deutschlands, welche traditionell entweder im Frühjahr (wie z.B. die Leipziger Buchmesse) oder aber im Herbst stattfinden, kann man den jeweiligen regionalen und internationalen Buchmarkt kennenlernen. Und endlich ist es wieder so weit: Während die Frankfurter Buchmesse als älteste und größte Buchmesse der Welt, die bereits auf eine 500-jährige Tradition zurückblicken kann, bereits im Oktober zum Stöbern einlädt, hat der Herbst auch weiterhin noch einiges zu bieten: Am ersten November-Wochenende beispielsweise findet in Mainz, wo Johannes Gutenberg einst die Methode des Buchdruckens revolutionierte, die Mainzer Büchermesse statt. Gleichzeitig stehen auch noch die Oldenburger Kinder- und Jugendbuchmesse (KIBUM), die Linke Literaturmesse in Nürnberg und die Plattdeutsche Buchmesse in Hamburg zur Auswahl.
Das Schreiben und Lesen von Büchern sowie Buchherstellung und -handel spielen schon lange eine wichtige Rolle in unserer Kultur. So ist es nicht verwunderlich, dass uns auch immer wieder Menschen begegnen, deren Familiennamen auf den ersten Blick mit Büchern, Schreibkunst oder Buchhandwerk zu tun haben. Doch was hat es mit Namen wie Autor, Leser oder Buchbauer tatsächlich auf sich? Nur so viel sei verraten: Man darf sich überraschen lassen. 

Buchbauer

Mit der Erfindung des Buchdrucks bildeten sich ab dem 15. Jahrhundert auch die entsprechenden Handwerksberufe heraus. Gehörte der Buchbauer auch dazu? Man könnte es meinen, aber tatsächlich handelt es sich bei dem Familiennamen Buchbauer (132 Telefonanschlüsse 2005 in Deutschland) zwar um eine Benennung nach einem Beruf, allerdings hat dieser Beruf nichts mit Büchern zu tun. Das erste Namenglied Buch- geht nämlich auf mittelhochdeutsch buoch 'Buchenwald, Forst' zurück. Das Zweitglied -bauer stammt ebenfalls aus dem Mittelhochdeutschen (būr, būre 'Mitbewohner, Dorfgenosse; Bauer'). Gemeint ist also ein Bauer, dessen Hof an einem Buchenwald lag. Der Name Buchbauer kommt heute besonders häufig im Süden und Osten Bayerns vor; in Österreich ist er mit 172 Telefonanschlüssen sogar noch etwas häufiger zu finden als in Deutschland.
Ganz ähnlich wie bei Buchbauer verhält es sich mit den Familiennamen Buch (2106 deutsche Telefonanschlüsse) und Buch(n)er (2913 bzw. 3341 Tel.), bei denen es sich um Wohnstättennamen für jemanden handelt, der oder die an einem (Buchen‑)Wald wohnte. Die Namen Buchbinder (162 Tel.) und Buchbender (Lautvariante, 61 Tel.) sind dagegen tatsächlich einem eigenständigen Handwerk im Zusammenhang mit dem Buchdruck zuzuordnen (zu frühneuhochdeutsch buchbinder 'Buchbinder'), ähnlich wie der Name Buchfellner (42 Tel.), dem mittelhochdeutsch buochveller 'Pergamentmacher' zugrunde liegt.

Autor

Dem in der Welt der Bücher allgegenwärtigen Wort Autor, das den Urheber eines Textes bezeichnet, liegt lateinisch auctor 'Urheber, Veranlasser, Schöpfer' zugrunde. Der Familienname Autor, den in Deutschland etwa 80 Personen tragen (Auktor: ebenfalls 80, Auctor: 25), hat jedoch nichts mit der Literatur zu tun, es handelt sich auch nicht um eine Latinisierung deutscher Familiennamen wie Schöpfer aus der Zeit des Humanismus. Der heutige Familienname geht auf den Rufnamen Auctor (auch in der Variante Autor) zurück (sogenanntes Patronym). Im Mittelalter wurde dieser durch den Heiligen Auctor von Metz geläufig, der u. a. in Trier und Braunschweig verehrt wurde. Ein Autor Steinhausen ist 1542 in Braunschweig belegt. Wenn ein Nachkomme den Rufnamen des Vaters als Beinamen erhielt (etwa Konrad, Autors Sohn), konnte darauf schließlich ein Familienname werden (Konrad Autor)

Leser

Was sind Bücher ohne ihre Leser*innen? Obwohl Autor*innen und Verleger*innen ihr reales Publikum nicht kennen, sind sie bestrebt, die Leserschaft anzusprechen und zum Kauf eines Buches zu verführen. Zur letzten Frankfurter Buchmesse vor der Corona-Pandemie vor drei Jahren kamen 127.790 Leser*innen aus aller Welt (neben den Fachbesucher*innen), um die Neuerscheinungen zu bestaunen. Immerhin gaben 2021 rund 4,4 Millionen Personen in Deutschland an, mehrmals wöchentlich ein Buch zu lesen, 27 Millionen wurden als Buchkäufer*innen registriert.
Den Familiennamen Leser gibt es in Deutschland nicht ganz so häufig, ihn tragen etwa 1.425 Personen. Aber die mittelalterlichen Leser sind nicht mit den heutigen Bücherwürmern zu vergleichen. Die ursprüngliche Bedeutung von mittelhoch- und mittelniederdeutsch lesen ist nämlich 'zusammenlesen, sammeln'. In erster Linie handelt es sich also um einen Berufsnamen für einen Erntehelfer, Eichelsammler und im Besonderen den Traubenleser. Daneben hat sich aber auch die Bedeutung des Verbs in Richtung 'Schrift erfassen und wiedergeben, vorlesen' entwickelt. Somit kann der Name auch ein Berufsname für einen Lehrer, Vorleser, Gelehrten oder Schriftkundigen sein. Das Erlernen von Schreiben und Lesen war nur wenigen Menschen vorbehalten, der Besitz von Büchern, die vor der Erfindung des Buchdrucks aufwändig per Hand abgeschrieben wurden, war unüblich. Das Lesen selbst war auch in der Regel keine stille Betätigung, sondern meist mit dem Vortragen des Gelesenen für ein Publikum verbunden.