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Japanische Familiennamen

Das Tragen eines Familiennamens wurde in Japan erst 1875 zur Pflicht, es handelt sich also um ein relativ junges Namensystem. Familiennamen stehen im Japanischen in der Regel vor dem Rufnamen (Yoko Ono würde sich in Japan als Ono Yoko vorstellen). Sie werden mit Kanji – aus dem Chinesischen übernommenen Schriftzeichen – geschrieben und bestehen überwiegend aus einer Kombination von zwei Bedeutungselementen.

Die ersten Familiennamen entwickelten sich in Japan wahrscheinlich ab dem 3. Jahrhundert. Es wird vermutet, dass sich die Angehörigen des Tennō (Kaiser Japans) das Erbrecht auf hohe Ämter sicherten, indem sie ihre Familienzugehörigkeit durch den Familiennamen anzeigten. Die Benennung erfolgte nach der Funktion der Familie innerhalb des Verwandtschaftsbundes, wie bei dem Familienzweig Mononobe (物部), dessen Name auf Aufgaben in der Verwaltung und in der Waffenbesorgung verwies. Sich abgrenzende oder verselbstständigende Familienzweige konnten vom Tennō verliehene Standestitel erhalten, die die Verwandtschaft mit der Tennō-Familie bekräftigten (z.B. Kuninomiyatsuko für Adelige mit Landbesitz). Da die adelige Schicht während der Zeit des Yamato-Reiches (3.-8. Jahrhundert) stetig wuchs, wurde eine weitere Differenzierung der Familiennamen notwendig: Hierfür wurden Namenzusätze verwendet, die auf den Wohnort der Familie verwiesen oder auf Gebiete, mit denen die Familie assoziiert wurde (z.B. Tajii Mabito für die Familie Mabito aus Tajii).

Ab ca. 950 durften sich auch Angehörige des Kriegeradels einen Familiennamen zulegen. Auch diese bestanden aus zwei Elementen, dem Namen der Stammfamilie (aus dem Hofadel) und einem Beinamen, meist nach dem Wohnsitz. Dabei entstanden häufig Namen mit dem Zusatz ta (田) bzw. da ‘Reisfeld’, die auf einen Landbesitz hindeuteten. Anders als frühere Benennungsmuster ist dieses besonders prägend, sodass Familiennamen dieser Art heute noch sehr frequent sind (z.B. Yamada, Maeda, Uchida).

Familien, die außerhalb der Städte wohnten, benannten sich nach der Provinz, die die Familie besaß oder in der sie lebte. Diese neuen Familiennamen wurden aus Siedlungs- und Sippennamen zusammengesetzt. Ein Beispiel ist der Familienname Katō (加藤), dessen Erstglied ka auf die Region Kado verweist, das Zweitglied auf den Sippennamen Fujiwara (藤原) (fuji in Fujiwara und in Katō sind alternative Lesungen desselben Kanji 藤). Viele Namen gehen auf diese Bildungsweise zurück, hierzu zählt auch der verbreitete Familienname Satō. Innerhalb von Städten konnte die Benennung nach der Wohnstätte (z.B. nach der Straße oder dem Stadtviertel) erfolgen, wie zum Beispiel bei dem Familiennamen Ichijō (一条, aus ichi ‘eins’ und ‘Stück, Streifen’), der auf die Niederlassung der Familie in der ersten Querstraße verweist.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts war das Tragen eines Familiennamens offiziell der adeligen Schicht vorbehalten. Daneben erhielten nur wenige Handwerker- und Künstlerfamilien das Recht einen Familiennamen zu tragen, die dann direkt vom Tennō vergeben wurden und somit eine große Ehre waren. Ein Beispiel ist der bekannte Familienname Suzuki (鈴木). Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einem Bruch mit dieser Tradition. 1870 wurde es auch offiziell jeder Person erlaubt, einen Familiennamen anzunehmen. Familien benannten sich selbst zumeist nach prestigereichen Familienclans und ehemaligen Feudalherren, nach dem Wohnort (Siedlungsnamen) oder dessen topographischen Besonderheiten. Oft wurde das zu Zeiten der Jahrtausendwende entstandene Muster topographische Besonderheit + Landbesitz (in der Regel ‘Reisfeld’) verwendet. Bereits fünf Jahre später wurden Familiennamen (nach abendländischem Vorbild) zur Pflicht. Viele wählten ihren Familiennamen selbst aus, die Übrigen wurden von Registratoren benannt. Dabei entstanden auch Namen nach dem Beruf (z.B. Shioya (塩屋) für den Salzhändler), obwohl dieses Benennungsmotiv wenig beliebt war.

Bei der Erfassung japanischer Familiennamen in Deutschland ergeben sich Schwierigkeiten bei der Transkription: So können bei der Umschrift aus dem japanischen Schriftsystem in lateinische Buchstaben verschiedene Schreibweisen entstehen. Zudem können lautliche Informationen entfallen, die im Deutschen nicht systematisch gekennzeichnet werden (können). Ein Beispiel ist die Unterscheidung langer und kurzer Vokale. So kann der Familienname Ōta ‘großes Reisfeld’ (mit langem o) als Ota oder Ohta transkribiert werden. Die Vokallänge ist im ersten Fall nicht mehr erkennbar, obwohl sie bedeutungsunterscheidend ist (Ota mit kurzem o bedeutet ‘kleines Reisfeld’).

Eine Besonderheit der Kanji ist, dass sie nicht (wie bei Alphabetschriften) für bestimmte Laute stehen, sondern auf Inhalte referieren und in verschiedenen Wörtern beziehungsweise Namen unterschiedliche Lesungen erfordern. Zum Beispiel wird das Kanji 小 mit der Bedeutung ‘klein’ im Namen 小林 (Kobayashi ‘kleiner Wald’) als ko gelesen, im Namen 小川 (Ogawa ‘kleiner Fluss’) als o. Insbesondere bei Eigennamen kann man deswegen weder von der Schreibung eindeutig auf die Lesung (Lautung) schließen noch umgekehrt.

Literaturhinweise

Literatur

Metadaten

Daten zur Erstellung der thematischen Information

AutorIn
Janika Kunzmann
Veröffentlichungsdatum
16.04.2024
Zitierhinweis

Kunzmann, Janika, Japanische Familiennamen, in: Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands,
URL: < http://www.namenforschung.net/id/thema/17/1 >