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Französische Familiennamen

Die Entwicklung des zweigliedrigen Namensystems (Rufname + Beiname bzw. Rufname + Familienname) begann in Frankeich bereits im 11./12. Jahrhundert. Die Ausbreitung erfolgte von Süden nach Norden, von den Städten in ländliche Gebiete und von den Adelsfamilien in die bürgerliche und bäuerliche Bevölkerung. Im 13. Jahrhundert setzte sich die Zweinamigkeit in den Städten durch. Ein Schöffenbeschluss aus Douai von 1278 schrieb die Führung eines Beinamens neben dem Rufnamen sogar zwingend vor. Mit der Verpflichtung, Taufregister zu führen (Verordnung von Villers-Cotterêts 1539) setzte sich die Einführung und in der Folge die schriftliche Fixierung der Familiennamen flächendeckend auch bei der Landbevölkerung durch. Gesetzlich festgeschrieben wurde die Unveränderlichkeit der Familiennamen schließlich 1794.

Als Benennungsmotive treten auf: 1. Rufnamen (noms de bapteme) z.B. griechisch-lateinischer Herkunft (Pierre, Jacques, Michel), germanischer Herkunft (Albert, Guillaume, Bernard); 2. Herkunfts- und Wohnstättennamen (noms d'origine) z.B. Lallmand ‘der Deutsche’, Picard ‘Pikarde’, Lafontaine ‘die Quelle’; 3. Berufsnamen (noms des métiers) z.B. Boulanger ‘Bäcker’, Maire ‘Bürgermeister’; 4. Übernamen (sobriquets), z.B. Petit ‘klein’, Moreau ‘dunkel’, Leroy ‘der König’.

Unter den häufigsten Familiennamen dominieren in Frankreich, anders als in Deutschland, die Patronyme (Martin, Bernard, Thomas), gefolgt von Übernamen (Petit, Roux ‘rot’) und Wohnstättennamen (Dubois ‘vom Wald’). Der häufigste Berufsname Lefebvre ‘der Schmied’ findet sich erst auf Platz 13.

In Frankreich häufig, weit verbreitet und in allen Motivgruppen zu finden sind Bildungen mit bestimmtem Artikel (le/la ‘der/die’ wie in Laroche ‘der Fels’‚ Legrand ‘der Große’) bzw. mit Präposition (de/du/des ‘aus, von dem/den’ wie in Decroix ‘aus Croix’, Dujardin ‘vom Garten’, Desarbres ‘von den Bäumen’). Charakteristisch sind außerdem Diminutive (Verkleinerungsformen) mit Suffixen, die nur im Altfranzösischen (ca. 9.–14. Jahrhundert) noch produktiv waren, wie -et, -ot, -in, -on, -el, -eau, -esson, -equin, bzw. Suffixkombinationen wie -elot, -elin, -eton (z.B. Diminutive aus Pierre: Pierron, Perret, Peronet, Perronnel, Pierrel, Pierlot). Die Variantenvielfalt der Familiennamen spiegelt die regionalen Besonderheiten der Dialektgebiete und Regionalsprachen wider. Besonders prägnant bilden sich in den Familiennamen die Unterschiede zwischen der langue d’oïl (Französisch) und der langue d’oc (Okzitanisch) ab, die sich auf lexikalischer (Dumont vs. Delpuech) und phonologischer bzw. morphologischer Ebene (Fevre/Lefebvre vs. Faure/Fabre) zeigen. Außerhalb Frankreichs sind französische Namen vor allem in den romanischsprachigen Gebieten Belgiens (Wallonie) und der Schweiz verbreitet.

Auch in Deutschland gibt es eine Vielzahl an Familiennamen, die aus dem Französischen stammen: Sie sind durch historische Einwanderung seit dem 16. Jahrhundert, wechselnde politische Zugehörigkeit einiger Gebiete und wirtschaftliche Kontakte nach Deutschland gelangt. Die sogenannten Hugenottennamen (z.B. Fontane < Fontaine) gehen auf die größte Einwanderungswelle französischer Protestanten (auch als Hugenotten bezeichnet) zwischen 1685 und 1730 zurück. Nicht jeder Familienname französischer Herkunft kann jedoch als Hugenottenname bezeichnet werden, da es konfessionsunabhängig immer wieder zu Einwanderung aus französischsprachigen Gebieten kam.

Namen wie Lafontaine, Bouffier oder Cezanne sind zumindest in der Schreibung weitgehend unverändert geblieben, während bei Schirra (< Gérard), Schwalie (< Chevalier ‘Reiter, Ritter’) oder Leblang (< Leblanc ‘der Weiße’) die sprachliche Herkunft kaum noch erkennbar ist. Eine häufige sprachliche Adaption ist die Schreibung nach der Aussprache: Dümont statt Dumont (‘vom Berg’), Düpre statt Dupré (‘von der Wiese’), Laflör statt Lafleur (‘die Blume’). Es finden sich auch Verdoppelung der Konsonanten oder Hinzufügung von h am Wortende, was anzeigt, dass die im Französischen stummen Konsonanten im Deutschen ausgesprochen wurden: Marnet > Marnett, Pierrot > Pieroth. Besonders den Deutschen fremde Laute wurden angepasst, wie z.B. die nasalierten Vokale im Auslaut durch den deutschen Nasalkonsonanten ng [ŋ] wie in Dumong (< Dumont), Dupong (< Dupont), Tussing (< Toussaint). In der Aussprache fielen die anlautenden Frikative g, j [ʒ] (stimmhaft) und ch [ʃ] (stimmlos) häufig zusammen und wurden als Sch- bzw. -sch geschrieben: Gillot > Schillo, Jourdain > Schording, Jaquemar > Schackmar, Gérard > Schirra, Chevalier > Schwalie, Laroche > Larosch.

Die nachfolgende Tabelle enthält die zwanzig häufigsten Familiennamen in Frankreich (nach Filae, letzter Zugriff: 22.02.2023).

Rang Familienname Motiv
1 Martin Rufname
2 Bernard Rufname
3 Thomas Rufname
4 Petit Übername
5 Robert Rufname
6 Richard Rufname
7 Durand Rufname
8 Dubois Wohnstätte
9 Moreau Übername
10 Laurent Rufname
11 Simon Rufname
12 Michel Rufname
13 Lefebvre Beruf
14 Leroy Übername
15 Roux Übername
16 David Rufname
17 Bertrand Rufname
18 Morel Übername
19 Fournier Beruf
20 Girard Rufname

Die nachfolgende Tabelle enthält die häufigsten Familiennamen in der Wallonie 1987 (siehe Germain / Herbillon 2007, Seite 62)

Rang Familienname Motiv
1 Dubois Wohnstätte
2 Lambert Rufname
3 Martin Rufname
4 Dumont Wohnstätte
5 Dupont Wohnstätte
6 Leclerq Beruf
7 Simon Rufname
8 Laurent Rufname
9 Renard Rufname
10 Lejeune Übername
11 Denis Rufname
12 Gérard Rufname
13 Charlier Beruf
14 Leroy Übername
15 Mathieu Rufname
16 Petit Übername
17 Michel Rufname
18 Lemaire Beruf
19 Bertrand Rufname
20 François Rufname

Literaturhinweise

Literatur

  • Dauzat, Albert (1988): Les noms des famille de France. Traité d'anthroponymie française. 3. Auflage. Paris.
  • Germain, Jean/Herbillon, Jules (2007): Dictionnaire des noms de famille en Wallonie et à Bruxelles. Bruxelles.
  • Hartig, Margit/Schwanke, Judith (2009): Französische Familiennamen im deutschen Sprachgebiet. In: Hengst, Karlheinz/Krüger, Dietlind (Hrsg.): Familiennamen im Deutschen. Erforschung und Nachschlagewerke. Deutsche Familiennamen im deutschen Sprachraum. Leipzig, S. 459-473.
  • Heuser, Rita (2023): Leppla und Schirra: Familiennamen aus dem Französischen. In: Nübling, Damaris/Kunze, Konrad (Hrsg.): Kleiner deutscher Familiennamenatlas. Entstehung, Gebrauch, Verbreitung und Bedeutung der Familiennamen. Berlin, Boston, S. 105-114.
  • Keiper, Philipp (1891): Französische Familiennamen in der Pfalz und Französisches im Pfälzer Volksmund. Kaiserslautern.
  • Morlet, Marie-Thérèse (1991): Dictionnaire étymologique des noms de famille. Paris.
  • Pitz, Martina (2007): Das französische Personennamensystem. In: Brendler, Andrea/Brendler, Silvio (Hrsg.): Europäische Personennamensysteme. Ein Handbuch von Abasisch bis Zentralladinisch. Hamburg, S. 215-226.
  • Zamora, Juan (1992): Hugenottische Familiennamen im Deutschen. Heidelberg.

Weblinks

Metadaten

Daten zur Erstellung der thematischen Information

AutorIn
Rita Heuser
Veröffentlichungsdatum
16.04.2024
Zitierhinweis

Heuser, Rita, Französische Familiennamen, in: Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands,
URL: < http://www.namenforschung.net/id/thema/14/1 >