Ein Schreck zu Allerheiligen

Das christliche Fest Allerheiligen am 1. November wurde im 8. Jahrhundert in Rom eingeführt und diente als Gedenktag für die Vielzahl von Heiligen, die keinen eigenen Gedenktag hatten. Die amerikanische Bezeichnung Halloween ist von All Hallows Eve (Allerheiligen-Vorabend) abgeleitet. Ein Zusammenhang mit dem alten keltischen Neujahrs- und Erntedankfest Samhain ist rein spekulativ, da dieses nicht ausreichend schriftlich bezeugt ist. Der kirchliche Feiertag fällt wohl nur zufällig mit dem heidnischen Fest zusammen, allgemein war jedoch wohl die Vorstellung, dass die Tore zum Jenseits in dieser Zeit offen stehen. Sicher ist, dass sich viele Halloweenbräuche v.a. in Irland entwickelten und mit Einwanderern in die USA gelangten. Dort nahm das Fest immer mehr gruseligen Charakter an. Auch andernorts waren bereits bestimmte Bräuche in der Zeit des Totengedenkens etabliert. An Allerseelen (2. November) wird der armen Seelen im Fegefeuer gedacht und auf den Gräbern Lichter angezündet. Eine spezielle Form dieser Armenseelenlichter kommt in Mainz zu Einsatz: der Newweling (seit dem 14. Jahrhundert als Nebeling urkundlich bezeugt). Dieser Lichterbrauch, sowie weitere schon existierende einheimische Bräuche waren die Grundlage dafür, dass viele der amerikanischen Halloweenbräuche in Europa bereitwillig übernommen wurden, zusätzlich unterstützt vom Einfluss der Medien und der Werbeindustrie. Gerne aufgenommen wurde das Verkleiden als Gruselgestalt, das Kürbiskopfschnitzen und das Von-Haus-Zu-Haus-Ziehen der Kinder – die neuen Halloweenbräuche dienen oft als spaßiger und willkommener Ersatz einheimischer Bräuche.
Der Familienname Allerheiligen (65 Telefonanschlüsse/ca. 182 NamenträgerInnen) erinnert an den Termin, ebenso wie der französische Name Toussaint (365 Telefonanschlüsse/ca. 1022 NamenträgerInnen) und die eingedeutschte Form Tussing (87 Telefonanschlüsse/ca. 244 NamenträgerInnen). Andere Familiennamen wiederum klingen doch etwas gruselig - ob die Gänsehaut gerechtigtfertigt ist, erfahren Sie beim Weiterlesen.

Geist

Mit rund 5800 NamenträgerInnen dürfte man in Deutschland hin und wieder mal einem Geist begegnen, doch glücklicherweise handelt es sich dann nicht um ein gruseliges, übernatürliches Wesen: Es ist weitgehend auszuschließen, dass sich der Familienname aus einem Übernamen zu mittelhochdeutsch geist 'überirdisches, jenseitiges Wesen' herausgebildet hat. In Mittel- und Süddeutschland ist der Name auf eine Verkürzung aus einem Haus-, Kapellen- oder Spitalnamen "Zum Heiligen Geist" zurückzuführen. Bezeichnet wurde hier eine Person, die z.B. neben oder in einem Gebäude mit diesem Namen gelebt hat oder in dienstlichem Verhältnis zu einem Heiliggeistspital stand. In anderen Fällen liegt eine Umdeutung von Geis vor (wobei das t an die Endung getreten ist): Geis geht entweder auf den althochdeutschen Rufnamen Giso (Kurzform von z.B. Gisbert, Giesebrecht) zurück, oder auf mittelhochdeutsch geiʒ 'Ziege' als Berufsname für einen Ziegenhirten. In Norddeutschland liegt dem Namen Geist wohl in den meisten Fällen mittelniederdeutsch gēst, geist 'Geest, hohes sandiges Land, hohes trockenes Land im Gegensatz zu den Marschniederungen' zugrunde. Eine Geest stellt eine höher gelegene Ebene dar, die als Wohnstätte den angesiedelten Menschen Schutz vor Sturmfluten bietet. In Einzelfällen mag der Familienname auch auf gleichnamige Siedlungen (z.B. Geist im Kreis Wadersloh, Nordrhein-Westfalen) zurückgehen.

Schreck

Auch in früheren Zeiten verbreiteten manche Leute gerne Angst und Schrecken in ihrer Nachbarschaft. Dies hat sich in manchen Familiennamen konserviert, wie das Beispiel des Familiennamens Schreck zeigt: Auf diesen Namen sind 2157 Festnetzanschlüsse (Stand 2005) registriert, das entspricht ca. 6040 NamenträgerInnen in Deutschland. In vielen Fällen handelt es sich hier um einen Übernamen, d.h. der erste Namenträger wurde nach einem charakteristischen Verhalten, Charakterzug, körperlichen oder biographischen Merkmal benannt. Zugrunde liegt das mittelhochdeutsche Substantiv schrëcke 'Schreck, Schrecken' für jemanden, der anderen regelmäßig einen Schrecken einjagte oder das Verb schrecken 'erschrecken' für einen schreckhaften Zeitgenossen. Seltener haben wir es bei Schreck mit einem Berufsnamen zum mittelhochdeutschen Verb schrëcken '(auf-)springen, hüpfen, tanzen' zu tun. Hier handelt es sich um eine Bezeichnung für einen Gaukler bzw. Tänzer.

Kürbis

Der Familienname Kürbis (280 Telefonanschlüsse/ca. 784 NamenträgerInnen) ist entweder ein indirekter Berufsname zu mittelhochdeutsch kürbiz 'Kürbis' für einen Gärtner, der Kürbisse anbaute oder ein Übername für jemanden mit einem auffällig großen Kopf. Mit Kürbis ist im Mittelalter allerdings der in Europa heimische Flaschenkürbis gemeint, alle anderen heute bekannten Kürbisse stammen ursprünglich vom amerikanischen Kontinent, kamen aber, wie Kartoffeln und Tomaten, in der Zeit nach der Entdeckung Amerikas nach Europa und wurden hier seit dem 16. Jahrhundert kultiviert. Wie die Gewächse selbst, kommt auch die Tradition zu Halloween Kürbisköpfe zu schnitzen aus Amerika, allerdings als Re-Import. Der Brauch gelangte wohl mit den irischen Einwanderern aus Europa in die USA. Ursprünglich wurden dazu v.a. Rüben genutzt, im deutschen Sprachraum als Rübengeister bekannt. Später ging man zu Kürbislaternen, auch Jack o'Lantern genannt, über.

Buchgeister

Den Familiennamen Buchgeister tragen ca. 176 Personen (63 Festnetzanschlüsse) in Deutschland. Mit ein bisschen Fantasie könnten wir es hier mit entfernten Verwandten von Walter Moers' Buchlingen zu tun haben und so gehört Buchgeister unbedingt in unser Halloween-Special. Allerdings führen uns die heutige Schreibung und Aussprache des Namens ein wenig in die Irre. Der Name geht auf mittelniederdeutsch böke, bōk 'Buche' und heister, hēster 'junger Baum (insbes. bei Buchen)'zurück und spezifizierte den ersten Namenträger als wohnhaft bei einer Gruppe junger Buchen. Durch ungenaue Verschriftung oder volksetymologische Umdeutung wurde aus -heister das etwas schaurigere Zweitglied -geister. Eventuell ist dieser Vorgang auch im Zuge der Verhochdeutschung des ursprünglich niederdeutschen Familiennamens erfolgt. Ein Indiz für diese Namendeutung ist übrigens der Familienname Buchheister, der das Zweitglied noch in unveränderter Form bewahrt hat und mit ca. 1100 NamenträgerInnen in Deutschland auch deutlich häufiger ist, als unser Spuk-Spezialfall Buchgeister. Der früheste uns bekannte Beleg für die Schreibweise Buchgeister stammt von 1554. Zwar haben wir hier also keinen Beweis für die Existenz von Buchgeistern erbringen können, doch zeigt sich: Auch bei Familiennamen ist nicht immer alles so, wie es zunächst scheint...