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Schur

Allgemeines

Häufigkeit
937
Rang
3595
Sprachvorkommen
deutsch
sorbisch
Hauptverbreitung
Deutschland

Etymologie

Hauptbedeutung

  1. Benennung nach Übername zu polnisch żur ‘Sauerteigsuppe, saure Mehlsuppe’, obersorbisch, niedersorbisch žur ‘Sauerteig; ein Getränk (aus Hanfsamen); mühsame Arbeit’ (< urslawisch *žurъ ‘dünngekochtes Gericht’, übertragen auch ‘Brennen; Zorn, Ärger’) für ein für die damalige arme Bevölkerung typisches, einfaches Gericht mit wenig Zutaten zum Beispiel für einen armen Menschen, dessen Leben hart und mühselig ist. Im übertragenen Sinne kann sich der Name auch auf einen schlechtlaunigen, streitsüchtigen, zornigen Menschen beziehen. Der Name liegt in eingedeutschter Schreibung (mit sch für ż bzw. ž ) vor, wie sie insbesondere für das Sorbische sehr früh charakteristisch war (siehe auch historische Belege und historische Verbreitung), vergleiche auch Zur 1.
  2. Benennung nach Wohnstätte zu mittelniederdeutsch schure , mittelhochdeutsch schiure , schiur , schūre , schūr ‘Scheune, Scheuer’ für jemanden, der an einer besonderen Scheune, z.B. einer Zehntscheune, wohnt.

In Einzelfällen

  1. Benennung nach Beruf zu mittelniederdeutsch schure , mittelhochdeutsch schiure , schiur , schūre , schūr ‘Scheune, Scheuer’. Es handelt sich um einen indirekten Berufsnamen für einen Verwalter einer herrschaftlichen Scheune.
  2. Benennung nach Übername zu mittelniederdeutsch schūr ‘listig, schlau’ für einen listigen Menschen. Diese Deutung kann für die Namenvorkommen im niederdeutschen Raum zutreffen.
  3. Benennung nach Übername zu mittelniederdeutsch, mittelhochdeutsch schūr ‘Regen-, Hagelschauer, Unwetter’ für einen aufbrausenden Menschen.
  4. Benennung nach Wohnstätte zu mittelniederdeutsch, mittelhochdeutsch schūr ‘Schutz, Schuppen, Schutzdach am Haus’ für jemanden, der an einem geschützten Wohnplatz oder an einem Schuppen wohnt.

Deutung unsicher

  1. Benennung nach Rufname. Es handelt sich um ein Patronym zu dem deutschen Rufnamen Scuro. Dem einstämmigen Rufnamen liegt vermutlich althochdeutsch, altsächsisch scūr (Perfektstamm zu althochdeutsch, altsächsisch sceran ‘schneiden, zerschneiden, zerhauen’) zugrunde (zur Diskussion über dieses Namenglied siehe Kaufmann 1968, Seite 309). Diese Deutung (siehe Gottschald 2006, Seite 427) ist unsicher, weil der Rufname historisch kaum belegt ist (Förstemann erschließt ihn aus Siedlungsnamen, siehe Förstemann 1966, Spalte 1311).
  2. Benennung nach Wohnstätte zu mittelhochdeutsch schür , schuor ‘Schur, Schnitt, Haarschnitt’, übertragen auf das Abmähen von Gras oder das Schneiden von Hecken (siehe Deutsches Wörterbuch, letzter Zugriff: 20.09.2019, unter Bedeutung II.2a-d). Laut Zoder könnte hiermit auch ein Flurstück benannt sein, doch gibt er keine Belege an (siehe Zoder 1968, Band 2, Seite 568) und sowohl die regionale als auch die historische Verwendung im Verbreitungsgebiet des Familiennamens bleibt unklar.
  3. Benennung nach Übername zu mittelhochdeutsch schur ‘Schererei, Plage, Ärger, Verdruss’ für einen Menschen, der häufig Streit anfängt. Das zugrunde liegende Wort „ist erst in der neueren sprache häufiger bezeugt […]; scheint indes vereinzelt schon m[ittelhochdeutsch] (um 1200) vorzukommen“ (Deutsches Wörterbuch, letzter Zugriff: 20.09.2019). Laut Kohlheim/Kohlheim auch zu oberdeutsch Schurr ‘hitziger, übereilter Mensch’ (siehe Kohlheim/Kohlheim 2005, Seite 607), doch ist das Alter des entsprechenden Wortes unbekannt.
  4. Benennung nach Übername zu mittelhochdeutsch schür , schuor ‘Schur, Schnitt, Haarschnitt’ (im Niederdeutschen nicht bezeugt, siehe Deutsches Wörterbuch, letzter Zugriff: 20.09.2019, unter II.). Laut Zoder wegen der auffälligen Kopfrasur (Tonsur) möglicherweise „Bezeichnung eines (entlaufenen) Mönches“ (Zoder 1968, Band 2, Seite 568). Für dieses Benennungsmotiv, das auch Zoder mit einem Fragezeichen versieht, gibt es keine Belege.

Historischer Namenbeleg

Schurs Eheweib

Belegjahr
1670
Belegort
Fünfeichen (niedersorbisch Pěś Dubow), Niederlausitz
Quellenangabe
Wenzel, 2004, Seite 444.

Verbreitung

Verbreitung innerhalb Deutschlands

Historische Verbreitung

Zur historischen Verbreitung siehe Namensverbreitungskarte, letzter Zugriff: 28.05.2019.

Verwandte Artikel (Auswahl)

Literaturhinweise

Literatur

  • Förstemann, Ernst (1966): Altdeutsches Namenbuch. Erster Band: Personennamen. 2. Auflage. München. Hier Sp. 1311.
  • Gottschald, Max (2006): Deutsche Namenkunde. Mit einer Einführung in die Familiennamenkunde von Rudolf Schützeichel. 6. Auflage. Berlin und New York. Hier S. 427 und 449.
  • Kaufmann, Henning (1968): Altdeutsche Personennamen: Ergänzungsband. München und Hildesheim. Hier S. 309.
  • Kohlheim, Rosa/Kohlheim, Volker (2005): Duden Familiennamen. Herkunft und Bedeutung [von 20.000 Nachnamen]. 2. Auflage. Mannheim. Hier S. 607.
  • Wenzel, Walter (1992): Studien zu sorbischen Personennamen. 2/II. Bautzen. Hier S. 183.
  • Wenzel, Walter (1999): Lausitzer Familiennamen slawischen Ursprungs. Bautzen. Hier S. 227.
  • Wenzel, Walter (2004): Niedersorbische Personennamen aus Kirchenbüchern des 16. bis 18. Jahrhunderts. Mit 16 mehrfarbigen Karten. 1. Auflage. Bautzen. Hier S. 444.
  • Zoder, Rudolf (1968): Familiennamen in Ostfalen. Band 2. Hildesheim. Hier S. 568.

Weblinks

Metadaten

Daten zur Artikelerstellung

AutorIn
Daniel Kroiß
Veröffentlichungsdatum
16.04.2024
Zitierhinweis

Kroiß, Daniel, Schur, in: Digitales Familiennamenwörterbuch Deutschlands,
URL: < http://www.namenforschung.net/id/name/3603/1 >